Beitrag vom 27.01.2024

Im Einklang mit der Natur

Viele Menschen leben getrennt von der Natur. Manche arbeiten in geschlossenen Räumen mit Kunstlicht, fahren mit dem Auto zur Arbeitsstelle und zurück, sitzen abends auf der Couch, gehen ins Restaurant, ins Kino oder Fitnessstudio.

Es gibt Kinder, die sich auf Naturwegen unsicher bewegen, nicht wissen, dass die Milch von der Kuh kommt, keine Bäume, Blumen oder Vögel mit Namen kennen oder die Kassiererin im Supermarkt, die mir das lange weiße Stück vor die Nase hält und mich fragt „Ist das ein Rettich“?

Das sind sicher extreme Ausprägungen von Naturferne, aber gar nicht mal so selten.

Durch das Leben und Arbeiten in Städten und Gebäuden, die Bewegung mithilfe motorbetriebener Fahrzeuge, die Arbeit mit Computern und Maschinen und die Fülle an Freizeitaktivitäten „indoor“ bleibt vielen Menschen wenig Zeit, raus in die Natur zu gehen. Sie sind es auch nicht gewohnt und haben nicht das Bedürfnis nach Natur.

Diese Tatsache führt zu verschiedenen Krankheiten, zu Verhaltensänderungen und zu einer Veränderung unserer ganzen Gesellschaft.

Noch vor rund 60 Jahren sah das Leben in unserer Gesellschaft anders aus. Viele hatten noch kein Auto, es gab wenige, die einen Fernseher hatten oder ein Telefon. An Mobiltelefone oder Computer dachte noch niemand. Viele Wege wurden zu Fuß oder mit dem Fahrrad gemacht. Im Ort gab es ein kleines Lebensmittelgeschäft, manche hatten einen Gemüsegarten, haben für den Winter eingekocht, Marmelade und Saft gemacht. Kinder spielten draußen auf der Straße, in Feld und Wald.

Die Menschen gingen mehr Spazieren oder Wandern, Urlaub oder gar Flugreisen konnten sich die meisten nicht leisten. Heute ist das für sehr viele selbstverständlich.

Deshalb war das Leben damals nicht besser oder schlechter als heute, es war anders – aber auf jeden Fall waren wir noch näher an der Natur. 

Der Mensch ist ein Teil der Natur und wir brauchen sie, um körperlich und seelisch gesund zu sein.

Wenn wir verstehen, dass es für uns lebensnotwendig ist, die Natur zu schützen, gehen wir achtsamer mit ihr um, wir zerstören sie nicht und wir sind dankbar für alles, was sie uns gibt.

Von Indianern wird erzählt, dass sie sich bei dem erlegten Büffel bedankten, dass er ihnen Nahrung gibt. Auch bei Mutter Erde haben sie sich für die Kräuter und Früchte bedankt. Viele belächeln dies vielleicht, aber Dankbarkeit und Wertschätzung haben eine hohe Energie und können unser Leben positiv verändern.

Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass die Regale im Supermarkt gefüllt sind, immer Wasser aus den Rohren kommt, ständig unbegrenzt Strom zur Verfügung steht und die Heizung funktioniert. Für viele Menschen ist das allerdings nicht selbstverständlich.

In der Natur ist alles perfekt aufeinander abgestimmt, alles ist im Fluss, es gibt Rhythmen, Wachsen und Vergehen, alles ergänzt sich, lebt miteinander im Einklang. Der Mensch hat dieses Gefüge ordentlich durcheinandergebracht und erkennt dies nicht einmal. Er hat sich die Erde untertan gemacht – mit allen heute spürbaren Konsequenzen. Er vergisst nur immer wieder eins: der Mensch braucht die Erde, die Erde braucht uns nicht. 

Für Menschen ist der Aufenthalt in der Natur sehr wichtig und heilsam. Wir kommen zur Ruhe, können uns entspannen, wir können frische Luft einatmen, die Stille genießen, Ballast abwerfen und wieder auftanken. 

Genauso wichtig, wie in der Natur zu sein und sie zu achten, ist es, seine eigene Natur zu leben.

Was ist eigentlich die „Die Natur des Menschen“?

Auf der körperlichen Ebene geht es z.B. darum, heraus zu finden, wieviel Schlaf ich brauche, bin ich morgens sofort fit oder habe ich Anlaufschwierigkeiten? Welche Nahrung, wieviel, wie zubereitet und zu welchen Zeiten tut mir gut? Wieviel Bewegung und welche Art von Bewegung ist gut für mich? Was braucht mein Körper noch, um gesund zu bleiben? 

Auf der seelischen Ebene sind es Fragen wie z.B. Wer bin ich wirklich? Was tut mir gut und was nicht? Was, wo und wie möchte ich arbeiten? Bin ich ein Mensch, der gerne allein arbeitet oder im Team, mit Maschinen, mit oder für Menschen, mit oder für Tiere, Pflanzen usw. Möchte ich vielleicht gar nicht arbeiten, selbständig oder ehrenamtlich? Bin ich der technische, bürokratische oder kreative Typ? Welche Orte, welche Menschen, welche Umgebung sind für mein Wohlbefinden förderlich? 

Ich höre schon die Aufschreie: das Leben ist kein Zuckerschlecken, kein Ponyhof, kein Wunschkonzert. Wo kämen wir da hin, wenn alle nur das tun, was ihnen guttut? Es kann doch nicht jeder kommen und gehen wann er will. Jemand muss auch die Drecksarbeit machen, man muss sich halt zusammenreißen usw. 

Wo wir damit hinkommen, wenn wir uns nicht gut um uns kümmern, sehen wir täglich.

Den vollkommenen Idealzustand wird wohl kaum jemand erreichen. Trotzdem lohnt es sich, sich diese Fragen zu stellen und ehrlich zu beantworten. Der zweite Schritt wäre dann, zu schauen, wie mein Leben derzeit aussieht. Dann kann ich überlegen, welcher Punkt mich am stärksten belastet.

Welche Möglichkeiten hätte ich, daran etwas zu ändern? Kann ich die Situation irgendwie verbessern oder falls nicht, vielleicht anderweitig einen Ausgleich schaffen?

Es gab mal eine Werbung „Geht nicht, gibt’s nicht“. Dass auch Unmögliches machbar ist, haben uns auch die letzten drei Jahre deutlich gezeigt. 

Wer nicht als Angestellter oder Geschäftsführer arbeitet, sondern Angestellte oder Geschäftsführer ist und sich damit vollständig identifiziert, fällt ins Bodenlose, wenn er es nicht mehr ist.

Menschen, die sich mit materiellen Dingen identifizieren (Besitz, einer Position, einem Titel…) leben in der Angst, dies zu verlieren. Wer sind sie dann ohne ihren Besitz oder ihre Position?

Menschen, die im Einklang mit sich und der Natur leben, mit ihrer Seele und ihrem Herzen verbunden sind, identifizieren sich nicht mit äußeren Dingen. Sie sind nicht Professor, sie sind Mensch und arbeiten als Professor. Sie kümmern sich so gut es geht um ihr Wohlbefinden, achten auf sich, leben so gut es geht im Einklang mit sich und der Natur. Sie sind deshalb nicht egoistisch. Nur wem es gut geht, kann sich wirklich um andere kümmern.

Herzensmenschen suchen sich halt was Anderes, wenn sie ihre Stelle verlieren. Egal was passiert, sie vertrauen dem Leben und suchen nach einer anderen Möglichkeit. Für sie sind Werte wie z.B. Menschlichkeit, gutes Miteinander, Freiheit, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, Achtsamkeit, Dankbarkeit, Lebensfreude und Wertschätzung sehr wichtig.

Sie leiden extrem unter Unmenschlichkeit, Ungerechtigkeit, Manipulation, Unterdrückung, Lügen, Ausbeutung und künstlichen Konstrukten. Sie spüren, wenn jemand nicht authentisch ist, nur seinen Vorteil durchsetzen will, nicht ehrlich ist, oberflächlich kommuniziert, in Ängsten gefangen ist u.ä.

Sie meiden große Menschenansammlungen, Einkaufszentren, Orte und Menschen, die ihnen Energie rauben.

Sie schöpfen Kraft in der Ruhe, der Natur, im Miteinander von Gleichgesinnten, brauchen viel Zeit für sich allein. Am Ende des Lebens erkennen die Menschen, dass materielle Dinge nicht das Wichtigste sind. Ein gewisser Wohlstand ist sehr angenehm und darf auch sein. Sind die Grundbedürfnisse nicht erfüllt, lebt es sich nicht gut. Das ist also nicht gemeint.

Wir dürfen aber schon mal hinterfragen, ob die derzeitige Lebensweise in unserer Gesellschaft für die Menschen wirklich gut ist. Wir dürfen uns fragen, ob wir nicht auch ohne Leistungsdruck, Manipulation, Ausbeutung, Betrug, Kontrolle, Überwachung, Willkür, Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit in einem für alle angenehmen Wohlstand leben können. Auch die Frage „Wem dient das alles“? darf man sich stellen.